Geschichte der Schule von Triesenberg

Ein kurzer Streifzug durch die frühe Geschichte der Triesenberger Volksschule

Die Triesenberger Schulgeschichte ist von Engelbert Bucher in zweien seiner Arbeiten ausführlich behandelt worden. Auf diesen Arbeiten und auf den Dissertationen von Georg Malin und Rupert Quaderer, veröffentlicht im Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, beruht nachfolgende kurze Darstellung im wesentlichen (s. Literaturverzeichnis).

Aus den Anfängen der Schulen im Mittelalter

Im Mittelalter dienten Klosterschulen und Domschulen zunächst vor allem der Ausbildung des Klerikernachwuchses. Es gab nach dem Erlöschen der römisch-antiken Schulen vorerst in der Gesellschaft des christlichen Abendlandes nur einen Bereich, in dem systematisiertes Lehren und Lernen, die Kunst des Schreibens und der Umgang mit gelehrtem Buchwissen eine Existenzfrage darstellten: die Kirche.

In den mittelalterlichen Städten setzte schon ab dem 13. Jahrhundert eine Tendenz zur Verweltlichung der Schule ein; dies hing mit der aufkommenden Schriftlichkeit im Handelsverkehr, der veränderten sozialen Stellung der Kaufleute und Handwerker und allgemein mit dem aufblühenden Städtewesen zusammen.

Die Volksschule in Liechtenstein vor dem 18. Jahrhundert

Für Liechtenstein ist zu vermuten, dass die meisten Pfarreien der ursprünglichen Grafschaft Vaduz und Herrschaft Schellenberg spätestens seit dem ausgehenden Mittelalter irgendeine Schule hatten.

Der Ursprung der Primar- bzw. Volksschule lässt sich in vielen Teilen nicht fest bestimmen. Vor dem 17. Jahrhundert sind keine klaren Belege bekannt, und erst im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert finden sich in den Akten Hinweise auf eine Pfarr- bzw. Gemeindeschule in den meisten Dörfern des Landes. Vor der 1719 erfolgten Gründung des Fürstentums bestanden vermutlich mindestens ein halbes Dutzend Dorfschulen. Die Entwicklung der Schule vollzog sich wahrscheinlich – Akten, die den Übergang von den Pfarrei- auf die Gemeindebehörden aufzeigen, fehlen bisher – nach allgemeinen westeuropäischen Tendenzen: Die Schulen hatten ihren Ursprung im Privatunterricht, erteilt vom Pfarrer; dieser Privatunterricht wurde in die Form von Klassenunterricht, der vom Pfarrer, vom Pfarrhelfer oder von einem von der Pfarrei angestellten Laien erteilt wurde, ausgebaut. Die von Laien geführten Schulen wurden dann mit der Zeit von den Gemeinden übernommen; teils wurden in der Folge auch dort Schulen gegründet, wo keine von der Pfarrei geführte existierte.

Für Triesenberg ist die Stiftung der Frühmesspfründe des Triesner Pfarrers Valentin von Kriss im Jahre 1689 erster Hinweis auf Schultätigkeit in der Gemeinde. Der Pfarrhelfer sollte nach dieser Stiftung die Schule in Triesen, und, unter anderem, die Kinderlehre am Triesenberg übernehmen. Grossen Zuspruch scheint die Schule in Triesen von Seiten der Triesenberger nicht erhalten zu haben, denn zur Zeit der Abkurung und Gründung der Pfarrei Triesenberg um 1768 schreibt der Triesner Pfarrer: «Wegen der Schul sollte jedes Kind vom Berg bezahlen 36 kr. und etliche Kreuz Schindeln. Zu meiner jetzigen Zeit ist vom Berg nur etwan ein oder das andere Kind teils wegen Weite des Weges und Rauhheit des Wetters, teils aus Abgang der Lebensmittel, teils auch wegen Verfolgung und Verspottung von Seite der hiesigen Kinder in die Schule herab kommen».

Die Schule im 19. Jahrhundert

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schenkten die Landesbehörden der Schulbildung in Liechtenstein vermehrte Aufmerksamkeit. Als erste konkrete staatliche Massnahme gilt ein Erlass der fürstlichen Hofkanzlei in Wien vom 18. September 1805. Dieser Erlass regelte gewisse Bereiche der Schule. 1806 erschien der erste eigentliche Schulplan, dessen organisatorische Bestimmungen (unter Landvogt Joseph Schuppler) 1822 ergänzt und im Oktober 1827 durch ein Schulgesetz abgelöst wurden.

Obwohl nun die allgemeine Schulpflicht eingeführt war, hatte der Staat gegen den passiven Widerstand der Bevölkerung zu kämpfen. 1815 berichtet beispielsweise Pfarrer Zimmermann von Triesenberg, dass der Schulbesuch von Jahr zu Jahr immer mehr vernachlässigt werde; manche Kinder hätten in den Jahren 1812 bis 1814 grosse Teile des Winterkurses nicht mehr mitgemacht, und die Androhung von Geldbussen würde nur mit Lachen beantwortet, weil man wisse, dass diese doch nie eingezogen würden, Züchtigungen führten nur dazu, dass die Kinder noch weniger zur Schule kommen.

Das Schulgesetz von 1827 war teilweise zwar zeitgemäss, in manchen Teilen in der Praxis aber undurchführbar, wodurch sich die schulischen Verhältnisse in Liechtenstein in der Folge kaum besserten.

Zudem war die Schule immer noch nicht akzeptiert. Die Arbeitskraft der Kinder war vorrangig und in einigen Familien sicher auch unverzichtbar. Gerade am Triesenberg liessen sich der mehrstufige Alpwirtschaftsbetrieb «Nomadenleben», wie auch die arbeitsintensive Einzelsennerei wohl nur schwer mit einem geregelten Schulbetrieb vereinbaren. In einem Schreiben an das Oberamt aus dem Jahre 1833 bat die Gemeinde, dass nur die Winterschule abgehalten werden solle, da im Sommer während der Heuernte die schulpflichtigen Kinder in die zwei bis drei Stunden entfernten Weiden und Alpen mitkommen mussten. Schulinspektor Carigiet nahm zu dieser Bitte Stellung: Oft lebten während des Sommers ganze Familien in «einer zwei- bis dreistündigen Entfernung vom Wohnorte», zudem seien, «in Abgang anderer Erhaltungsmittel selbst unmündige schulpflichtige Kinder» gezwungen, «ihre Nahrung und Bekleidung im Auslande zu suchen». Klagen über starke Vernachlässigung der Sommerschule durch die sogenannten Schwabenkinder folgten in diesen Jahren aus dem ganzen Land häufig.

Das Schulgesetz von 1827 wurde erst im Zuge der Reformen nach der Revolution von 1848 im Jahre 1859 ersetzt; ein Entwurf aus dem Jahre 1837 geriet bis 1852 in Vergessenheit. Es war das erste wirklich umfassende Schulgesetz in Liechtenstein.

Die Schulhäuser am Triesenberg

Das erste Schulhaus 1913

Aus einem Brief des damaligen Triesenberger Pfarrers Josef Alois Zimmermann an den Landvogt Schuppler wissen wir, dass sich die Gemeinde zu Beginn des Jahres 1812 – nicht ohne Druck seitens der Schulbehörde im Land – zum Bau eines Schulhauses entschlossen hatte, nachdem das bisher für den Schulunterricht gemietete Haus von Richter Schlegel für zu klein befunden worden war. Bei erwähntem Haus von Richter Schlegel handelt es sich möglicherweise um das alte Haus Nr. 3, das hinter dem Gasthaus Alpenrose stand und um 1905 abgebrochen wurde.

Der erwähnte Richter Schlegel scheint sich gegen den Neubau eines Schulhauses stark gemacht zu haben. In einem Schreiben Pfarrer Zimmermanns an Landvogt Schuppler beklagt sich der Triesenberger Pfarrer über die Umtriebe von Schlegel, der einige Fronarbeiter durch Herumbieten der Behauptung, die Schule käme teurer zu stehen als angeschlagen, abspenstig gemacht und der Gemeinde ein Darlehen kurzfristig aufgekündigt habe. Als Beweggründe für diese Umtriebe nennt Pfarrer Zimmermann den Umstand, dass Schlegel wohl sein bisher als Schulhaus benutztes Haus der Gemeinde verkaufen oder aber auf den Mietzins nicht verzichten wollte.

Das Schulhaus wurde dann wohl 1813 bezogen und stand in der südwestlichen Ecke des Friedhofs.

Das zweite Schulhaus 1846

Das zweite Triesenberger Schulhaus wurde im Jahre 1846 erbaut, nachdem es bereits 1841 in einer Bemerkung über Schulangelegenheiten heisst, dass am Triesenberg 150 schulpflichtige Kinder seien, das Schulzimmer aber nur 100 Kinder fasse.

Es diente während 46 Jahren als Schulhaus und beherbergte in seiner über hundertjährigen Geschichte zusätzlich Wohnungen, Geschäftsräume, das Baubüro und – während des Kirchenbaues 1938/39 – die Notkapelle, es diente als Gemeindehaus und Versammlungslokal, Lebensmitteldepot, Gemeindegefängnis und Maleratelier, ehe es im Jahre 1954, 108 Jahre nach seiner Erbauung, abgebrochen wurde.

Sein Standort war da, wo heute das Café Kainer (ehemals Café Sele) steht.

Das dritte Schulhaus 1892

Nur 45 Jahre nach dem Bau des zweiten Schulhauses war dieses bereits nicht mehr in der Lage, den Platzbedarf der Schule zu decken, und 1891 musste bereits wieder ein Schulhausneubau geplant werden.

Nach verschiedenen Strassenbauten in den vorangegangenen Jahrzehnten, aber auch nach dem Kauf der Alpe Sücka vier Jahre zuvor und der damit verbundenen Neuorganisation der Alpwirtschaft – auf den Alpen mussten neue Alpwirtschaftsgebäude erstellt werden – war die Gemeinde nicht in der Lage, den Schulhausneubau aus eigenen Mitteln zu finanzieren, wie das beim zweiten Schulhaus noch der Fall war.

Ein zinsloses Darlehen, welches vom regierenden Fürsten Johann II. der Gemeinde gewährt wurde, ermöglichte den Neubau und am 24. Juli 1892 wurde das Schulhaus eingeweiht.

Dieses Schulhaus diente am längsten seiner Bestimmung: Ganze 94 Jahre wurde in ihm Schule gehalten. Im Jahre 1988 wurde es abgebrochen.

Das vierte Schulhaus 1954

Um das Jahr 1940 war am Triesenberg der Bau eines Gemeindehauses im Gespräch. Dieses Vorhaben wurde nie realisiert, obwohl bereits Pläne dafür gezeichnet worden waren. Beim Kauf des Gasthauses Alpenrose durch die Gemeinde wenige Jahre später war wiederum die Rede davon, Räumlichkeiten für Vereine und die Gemeinde zu schaffen und einen Vereinssaal zu realisieren. Doch auch diesmal blieb es nur beim Vorhaben.

So lehnten, als sich zu Beginn der fünfziger Jahre die Notwendigkeit eines Schulhausneubaues abzuzeichnen begann, vor allem die Vereine dieses Projekt ab. Durch den Einbezug eines Gemeindesaales in das Projekt konnten jedoch die Vereine für den Neubau gewonnen werden. Dennoch gab der Schulhausbau bis zur Abstimmung darüber anfangs 1953 noch zu einigen Diskussionen und Auseinandersetzungen Anlass: Finanzielle Gründe wurden von einem Teil der bäuerlichen Bevölkerung angeführt; einige Mitglieder der Arbeitersektion führten das Argument ins Feld, dass derzeit genügend Arbeit vorhanden sei und man mit dem Bau des Schulhauses auf schlechtere Zeiten, die sicher kommen würden, warten sollte.

Schliesslich wurde das Projekt in der Bürgerversammlung mit 170 zu 146 Stimmen angenommen, das Schulhaus wurde gebaut und am 7. Juni 1954 eingeweiht.

Das fünfte Schulhaus 1994

Die Geschichte des neuen, nun fertiggestellten Schulhauses ist hinlänglich bekannt.

Seit dem Planungsbeginn sind über zehn Jahre vergangen, und wie bei fast allen Schulhausneubauten in den vergangenen 181 Jahren waren die Meinungen – in diesem Falle beispielsweise zum Standort oder zur Beschaffenheit des Belags des Pausenplatzes – kontrovers; ein Umstand, der zu einem Triesenberger Schulhausneubau zu gehören scheint. Durchschnittlich alle 45 Jahre wird seit 1813 ein neues Schulhaus gebaut. Ungefähr um das Jahr 2035 wird uns also der nächste Neubau beschäftigen.

Der Schulplan von 1806

Lehrgegenstände

Die Religion und derselben Geschichte nebst Sittenlehre, dem Katechismus und dem Lesebuch.
Das Lesen, Buchstabieren, Lesen gedruckter und geschriebener Sachen, die Kurrentschrift, von der Rechenkunst, die fünf Spezies.

Die Winterschule

Sie dauert von Martini (11. November) bis Georgi (23. April).

Ausser Sonn- und Feiertage wird alle Tage Schule gehalten.

Am Dienstag und Donnerstag ist nachmittags Vakanz, jedoch nur dort, wo die Sonn- und Feiertagsschule eingeführt ist. Besteht aber in einem Dorfe keine Sonn- und Feiertagsschule, so ist in jeder Woche nur der Donnerstag schulfrei.

Fällt unter die Woche ein gebotener Feiertag, so wird an einem der obigen Vakanztage, der dem Feiertag am nächsten ist, Schule gehalten.

Am Namenstag des Fürsten und der Fürstin ist schulfrei; am Namensfeste des Landvogtes und des Schulinspektors kann der Ortspfarrer Vakanz geben.

Die Schüler sollen sich um 1/2 8 Uhr versammeln, dann mögen sie in Begleitung des Lehrers in die Kirche gehen.

Der Unterricht beginnt um 8 Uhr, nachmittags dauert er von 1 bis 3 Uhr.

Die Sommerschule

Sie dauert von Georgi bis Martini.

Es wird dreimal in der Woche Schule gehalten: Montag, Mittwoch, Freitag.

Die Schüler der 3. Klasse sammeln sich um 6 Uhr in der Schule, gehen dann in Begleitung des Lehrers in die Kirche, und um 1/2 7 Uhr beginnt der Unterricht, der bis 1/2 9 Uhr dauert.

Die Schüler der 1. und 2. Klasse kommen alsdann in die Schule. Ihr Unterricht dauert von 9 bis 11 Uhr.

Zur Zeit der Heuernte sind 14 Tage Vakanz einzuschieben, damit die Kinder den Eltern helfen können.

Sonntagsschule

Die Sonntagsschule wird von Jünglingen und Mädchen im Alter von 12 bis 20 Jahren besucht. Alle Sonntage wird zwei Stunden Wiederholungsunterricht gegeben.

Die Mädchen und Knaben besuchen abwechslungsweise die Sonntagsschule.

Schulbesuch

Die Schule muss von allen Kindern vom 7. bis zum 12. vollendeten Altersjahr besucht werden.

Der Lehrer hat Absenzlisten zu führen, die alle Monate dem Pfarrer übergeben werden müssen, der sie an das Oberamt weiterleitet.

Schulaufsicht

Höchste Inspektion steht dem Oberamte zu. Die untergeordnete Aufsicht wird dem jeweiligen Ortspfarrer übertragen, der die Lehrer beaufsichtigt und den Unterricht kontrolliert. Dem Pfarrer fällt auch die Stundeneinteilung zu; ihm wird die Verwaltung der Schule in der Gemeinde überlassen: er muss die Buchhaltung führen, Namenlisten aufstellen, Prüfungen veranstalten usw.

Lehrmethode

Die Normalschule besteht aus drei Klassen je nach Alter und Fähigkeit. Der Unterricht wird klassenweise erteilt.

Schulzucht

Besonderer Wert wird auf die Bildung des Gehorsams gelegt; als weitere Bildungsideale werden angeführt: Die Liebe zur Ordnung, die Übung des Willens, die Pflege der Reinlichkeit, das Streben nach Wahrhaftigkeit, die Veredlung des Gefühls, die Erziehung zur Schamhaftigkeit und höflichen Gefälligkeit.

«Es mehren sich fort und fort die Klagen über die Schuljugend …»
Briefe aus dem Gemeindearchiv

Schreiben der Fürstlichen Landesschulbehörde vom 13. Februar 1906

«An sämtliche Ortsvorstände.

Es ist zur Kenntnis der Landesschulbehörde gelangt, dass einzelne Ortsvorsteher, Gemeinderatsmitglieder und sonstige Gemeindefunktionäre auffälliger Weise sich für berechtigt halten, die Schullokale während des Unterrichtes ohne vorgängige Verständigung der Lehrperson zu dem Zwecke zu betreten, um der versammelten Schuljugend in dieser oder jener Richtung Weisungen zu erteilen oder gemeindeämtlicher Verordnungen kundzumachen, dann um Untersuchungen in Angelegenheiten der Schuldisziplin zu pflegen, ja sogar um Schulstrafen (wie Nachsitzen u. dgl.) zu verhängen u.ä.m.
Ein derartiges Vorgehen widerläuft in jeder Hinsicht den bestehenden Gesetzen und Vorschriften und wird hiemit für alle Zukunft ausdrücklich bei sonstiger Ordnungsbusse verboten; gleichzeitig wird allen Lehrpersonen bei sonst eintretenden Disziplinarfolgen ausdrücklich zur Pflicht gemacht, jeden künftig etwa vorkommenden Fall einer Eigenmächtigkeit der bezeichneten Art unverzüglich der Landesschulbehörde zu melden.

Wünschen Ortsvorsteher oder sonstige Gemeindeorgane, dass der Schuljugend gemeindeämtliche Verordnungen kundgemacht werden oder dass eine Untersuchung in irgend einer Angelegenheit unter der Schuljugend gepflogen werde, so haben sie sich entweder an den zuständigen Herrn Lokalschulinspektor oder an die betreffende Lehrperson zu wenden, welche zu beurteilen haben ob sich die bezügliche Anordnung zur Kundmachung in der Schule oder die verlangte Untersuchung zur Durchführung eignet und hiernach weiter zu verfahren haben d.h. die einschlägige Verkündigung oder Untersuchung nach Beschaffenheit der Umstände entweder selbst vorzunehmen oder abzulehnen haben; keinesfalls sind Gemeindeorgane ermächtigt, gemeindeämtliche Verordnungen irgend welcher Art der Schuljugend in der Schule persönlich zu verkünden oder von sich aus unter der Schuljugend Untersuchungen in der Schule vorzunehmen. Dagegen steht es ihnen frei, wenn eine nach ihrer Ansicht notwendige Verkündigung oder Untersuchung von den darum angegangenen Schulorganen (Lokalschulinspektor, Lehrperson) abgelehnt wird, die Intervention der Landesschulbehörden anzurufen.»

Schreiben der Fürstlichen Landesschulbehörde vom 29. Juni 1906

«An alle Ortsvorstände.

In manchen Gemeinden besteht der Gebrauch, dass die Schulkinder dazu verwendet werden, dass für Schulzwecke und für Zwecke der Lehrpersonen bestimmte Holz zu den Öfen oder auf den Estrich des Schulhauses zu schaffen.

Nach Beschluss der Landesschulrates vom 19. d. M. ist dieser Gebrauch aus pädagogischen Rücksichten prinzipiell überall abzustellen; das für die Öfen des Schulhauses bestimmte Holz ist dorthin durch die mit der Reinigung und Heizung der Schullokale beauftragte Person zu schaffen, wogegen das auf den Estrich zu schaffende Holz dorthin mittelst einer Aufzugsvorrichtung die fast an allen Schulhäusern leicht und ohne besondere Kosten anzubringen ist, zu transportieren ist.

Wo die Anbringung solcher Aufzugsvorrichtungen nicht möglich ist beziehungsweise bis zur Herstellung solcher ist die Heranziehung der Schulkinder zum Holztragen nur unter folgenden Bedingungen gestattet:

a) Es dürfen nur kräftig entwickelte Knaben der III. Klasse und unter gar keiner Bedingung Mädchen zu diesem Geschäfte verwendet werden.

b) Ein Zwang darf nicht geübt werden; den betreffenden Schulkindern ist vor Inangriffnahme der Arbeit vom Lehrer jedesmal ausdrücklich mitzuteilen, dass es ihnen freistehe, sich der Arbeit zu entziehen.

c) Das Holztragen darf nur an einem schulfreien Wochennachmittage und nur unter Aufsicht einer Lehrperson stattfinden.

d) Die Verkündigung dieser Arbeit in der Schule ist ausschliesslich Sache des betreffenden Lehrers, mit welchem sich der Ortsvorsteher gegebenen Falles vorher in das Benehmen zu setzen hat.

Hievon wird der Ortsvorstand zur Darnachachtung verständigt.»

Schreiben der Fürstlichen Landesschulbehörde vom 17. Juli 1908

«An alle Ortsvorstände.

Der Landeschulrat hat in seiner letzten Sitzung zugestimmt, dass die bisherige Praxis beizubehalten sei, wonach die nicht mehr schul: aber noch christenlehrpflichtigen Mädchen bezüglich des Verbotes von Wirtshausbesuch und Tanzbelustigung der schulpflichtigen gleichzuhalten sind. Hiebei wird darauf aufmerksam gemacht, dass es laut eines im Vorjahre gefassten Beschlusses des Landesschulrates den Schulpflichtigen verboten ist, auf den „Kegelgräben“ bei Gasthäusern Kegel aufzusetzen, da der Besuch von „Kegelgräbern“ dem von Gasthäusern gleich zu achten ist. Wahrgenommene Übertretungsfälle sind anzuzeigen […]»

Schreiben der Fürstlichen Landesschulbehörde vom 10. Mai 1909

«An alle Ortsvorstände.

Nach der bestehenden Schulordnung vom 11. Dezember 1897 L.Gbl. Nr. 9 dürfen Schulkinder nach Eintritt der Dunkelheit ohne Begleitung ihrer Angehörigen nicht mehr auf der Gasse erscheinen, ausser wenn sie nachweislich Dienstleistungen für ihre Eltern oder deren Stellvertreter zu besorgen haben.

Da diese Vorschrift den gemachten Wahrnehmungen zufolge häufig nicht beachtet wird, werden die Ortsvorstände aufgefordert, dieselbe durch öffentlichen Aufruf mit dem Beifügen in Erinnerung zu bringen, dass die betreffenden Eltern oder deren Stellvertreter zur Verantwortung und Strafe gezogen würden, wenn Schulkinder beim Unfug nächtlichen Herumstreichens betreten würden.

Die Ortsvorstände haben auch ihrerseits die Einhaltung dieser Vorschrift in wirksamer Weise überwachen zu lassen und diesfalls wahrgenommene Übertretungen den Lehrpersonen von Fall zu Fall bekanntzugeben.»

Schreiben der Fürstlichen Landesschulbehörde vom 26. Juli 1913

«An alle Schulen und an alle Ortsvorstände

Laut der fstl. Landesschulbehörde zugekommenen Mitteilungen versuchen Schul- u[nd] christenlehrpflichtige Knaben u[nd] Mädchen das hierlands für sie bestehende Verbot des Besuches von Gasthäusern u[nd] des Tabakrauchens in der Weise zu umgehen, dass sie sich in die benachbarten schweizerischen u[nd] vorarlbergischen Ortschaften begeben u[nd] dort rauchen u[nd] die Gasthäuser besuchen.

Es wird hiemit darauf aufmerksam gemacht, dass jede zur Kenntnis der Lehrpersonen, der Ortsschulbehörde oder der fstl. Landesschulbehörde gelangende Umgehung beziehungsweise Übertretung der Schulordnung geahndet werden muss.

Dieser Erlass ist durch die Lehrpersonen in den Schulen u[nd] durch die Ortsvorstände am Kirchenplatze zu verlautbaren, der Vollzug der Verlautbarung ist innerhalb 14 Tagen schriftlich anher anzuzeigen.»

Schreiben der Fürstlichen Landesschulbehörde vom 16. März 1920

«An alle Schulen.

Infolge des Überhandnehmens des Rauchens und des Wirtschaftsbesuches unter der Schuljugend werden die Lokalschulbehörden darauf aufmerksam gemacht, vorkommende Fälle nach dem der Lokalschulbehörde zustehenden Rechte zu bestrafen oder andernfalls die Schuldigen hieramts anzuzeigen, worauf gegen dieselben mit Arrest oder Geldstrafe nach § 9 der Verordnung vom 9. Dezember 1858 vorgegangen wird.»

Schreiben der Fürstlichen Regierung vom 11. September 1921

«An alle Ortsvorstehungen.

Es mehren sich fort und fort die Klagen über die Schuljugend, bei der das Rauchen und Naschen immer grösseren Unfug annimmt.

Die fürstl. Regierung sieht sich deshalb veranlasst, den Ortsvorständen folgendes nahezulegen:

Alle Gemeindefunktionäre, als Vorsteher, Gemeinderäte, Polizisten, Schulräte, sollen die Lehrer bei Überwachung des Rauchverbotes unterstützen und jugendliche Raucher der fürstl. Regierung zur Anzeige bringen.

Den Geschäftsleuten ist es untersagt, Rauchwaren an solche Jugendliche abzugeben, bei denen zu erwarten ist, dass sie dieselben selbst rauchen.

Es kommt mehrfach vor, dass mit entwendeten Eiern von solchen Jugendlichen Zigaretten u[nd] Naschwaren gekauft werden; solche Schüler sollen ihren Eltern von den Geschäftsleuten angezeigt werden.

Die hierlands beschäftigten ausländischen Burschen und Mädchen haben sich genau an die Liechtensteinischen Gesetze + Vorschriften zu halten u[nd] verfallen den gleichen strengen Strafen wie die inländischen.

Alle diesbezüglichen Übertretungen werden mit Geldstrafen von 2 bis 80 frs. bestraft, für welche die Eltern bezw. Dienstgeber haften.»

Schreiben der Fürstlichen Regierung vom 1. März 1923

«An alle Ortsvorstehungen.

Die fürstl. Regierung sieht sich veranlaßt, darauf aufmerksam zu machen, daß die Beaufsichtigung der Schuljugend außerhalb der Schule selbstverständlich auch unter den Pflichtenkreis der Orspolizisten fällt.

Die Ortspolizisten haben daher der Beaufsichtigung der Schuljugend außerhalb der Schule ihr besonderes Augenmerk zuzulenken und Schüler, die sich z.B. durch Rauchen oder sonstiges ungehöriges Benehmen gegen die bestehenden Schulvorschriften verstoßen, dem Schulschriftführer der betreffenden Gemeinde zu Anzeige zu bringen.

Die Ortsvorstehung wolle dem dortigen Ortspolizisten ein Stück dieses Erlasses zur genauen Darnachachtung aushändigen.»

Schreiben der Fürstlichen Regierung vom 29. April 1926

«An alle Schulen!

Es werden immer wieder Klagen laut, dass Schulkinder nach Eintritt der Dunkelheit auf den Strassen getroffen werden und dass fortwährend die Bestimmungen der Fahrordnung übertreten werden.

Wir weisen Sie daher an, in allen Schulklassen eindringlich auf das Verbot, dass Schulkinder nach Eintritt der Dunkelheit nicht mehr auf die Strasse gehen dürfen, aufmerksam zu machen und die Verbote der Fahrordnung neuerlich zu verlautbaren.

Die Lehrpersonen haben sich wiederholt davon zu überzeugen, dass den Bestimmungen der Schulordnung und der Fahrordnung nachgelebt wird.

Die Ortsvorstehungen werden gleichzeitig zur schärferen Überwachung der Schuljugend angewiesen.»

Benutzte und ergänzende Literatur

Brunhart, Arthur: Peter Kaiser 1793–1864. Erzieher, Staatsbürger, Geschichtsschreiber. Facetten einer Persönlichkeit. – Vaduz : Schalun, 1993.

Büchel, Johann Baptist: Geschichte der Pfarrei Triesen. – In: JBL 2 (1902), S. 3-296.

Büchel, Josef: Geschichte der Gemeinde Triesen. – Triesen, [1990]. – 2 Bde. und 1 Registerband.

Bucher, Engelbert: Chronik der Volksschule Triesenberg. Triesenberg, 1954. [Unveröffentlicht, maschinenschriftlich].

Bucher, Engelbert: Schulchronik Triesenberg. Triesenberg, 1963.

Falk, Jakob: Chronik der Volksschule Schaan. Vergangenes und Gegenwärtiges aus der Schulgeschichte der Volksschule Schaan. Hgg. von der Gemeindevorstehung Schaan. Schaan, 1976. (Schaaner Heimatbuch, 1. Folge).

Geiger, Peter: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein 1848 bis 1866. – Schaan, 1971. Dissertation Universität Zürich. – In: JBL 70 (1970).

Giger, Benedikt: Die Schultätigkeit des Bistums [Chur]. – In: 1500 Jahre Bistum Chur. Zürich, 1950. S. 87–102.

Malin, Georg: Die politische Geschichte des Fürstentums Liechtenstein in den Jahren 1800–1815. – In: JBL 53 (1953).

Martin, Graham: Liechtensteinische Lehrmittel 1835–1965. – In: JBL 65 (1966), S. 207–258.

Martin, Graham: Liechtensteiner Pädagogen im Ausland. – In: JBL 67 (1967), S. 111-180.

Martin, Graham: The Historical Development of Liechtenstein’s Educational System. University of Dublin, 1969. [Unveröffentlicht, maschinenschriftlich].

Martin, Graham: Education in the Principality of Liechtenstein. National and international elements in the educational system of a German-speaking microstate. University of Strathclyde, Glasgow, 1974. [Unveröffentlicht, maschinenschriftlich].

Martin, Graham: Das älteste liechtensteinische Schulbuch? – In: JBL 83 (1983), S. 211-214.

Martin, Graham: Das Bildungswesen des Fürstentums Liechtenstein. Nationale und internationale Elemente im Bildungssystem eines Kleinstaates. Zürich: Sabe; Aarau; Frankfurt am Main: Sauerländer, 1984. (Bildungswesen aktuell).

Marxer, G.: Die Schule unter Schuppler. – In: JBL 28 (1928), S. 147–156.

Marxer, G.: Unsere Volksschule seit Schuppler. – In: JBL 29 (1929), S. 139–146.

Marxer, Felix: Liechtensteins Schulwesen. – In: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität. Festgabe zur 150. Jahresfeier der Souveränität. Vaduz, 1956. S. 123–125.

Nipp, Eugen: Vom liechtensteinischen Schulwesen. – In: Liechtensteinische Landesausstellung, Vaduz, 29. September – 15. Oktober 1934. (Offizieller Katalog).

Quaderer, Rupert: Politische Geschichte des Fürstentums Liechtenstein von 1815 bis 1848. – Schaan, 1970. Dissertation Universität Freiburg. – In: JBL 69 (1969).

Vogt, Paul: Brücken zur Vergangenheit. Ein Text- und Arbeitsbuch zur liechtensteinischen Geschichte. 17. bis 19. Jahrhundert. Hgg. vom Schulamt des Fürstentums Liechtensteins. Vaduz: Amtlicher Lehrmittelverlag, 1990.

Wanger, Harald: Liechtenstein – eine pädagogische Provinz. – In: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis. Vaduz, 1973. (Liechtenstein Politische Schriften, Nr. 3). S. 96–97.

Wiest, Stephan: Oberlehrer Anton Hinger aus Hohenzollern – ein Organisator und Förderer des Schulwesens im Fürstentum Liechtenstein 1857–1895. – In: JBL 83 (1983), S. 151–196.